Freiburger Interventionsprogramm zur ambulanten Therapie der Adipositas im Kindesalter (FITOC), Multiplikation
U. Korsten-Reck, C. Rudloff, R. Kayser*, K.-J. Eßer*, M. Grupe*, U. Emunds*, K. Kromeyer-Hauschild°, G. Rücker, B. Wolfarth, A. Berg

* Sozialpädiatrisches Zentrum St. Marienhospital, Düren
° - Institut für Humangenetik und Anthropologie, Universität Jena


Dr. med. Ulrike Korsten-Reck
Med. Universitätsklinik, Abt. Rehabilitative und Präventive Sportmedizin
Hugstetterstr. 55
79106 Freiburg
Tel. 0761-270-7477 Fax 0761-270-7470
e-mail: u.korsten-reck@msm1.ukl.uni-freiburg.de


Die Studie findet mit maßgeblicher Unterstützung der Dr.-Karl-Wilder-Stiftung, Berlin, statt.
 
 

Einleitung

Die stetige Zunahme der Prävalenz der Adipositas im Kindes- und Jugendalter macht eine frühzeitige Prävention notwendig. Ein großer Teil dieser übergewichtigen Heranwachsenden wird auch als Erwachsene übergewichtig sein (Bar – Or, 1998[1]; Maffeis et al., 1998 [14]; Whitaker et al., 1997 [21]). 

Die Auswirkungen der Adipositas auf Morbidität und Mortalität sind vielfältig belegt (Figueroa – Colon, 1997[6]; Srinivasan et al., 1996 [19]; Freedman et al., 1985 [7]; Power et al., 1997 [16]). Untersuchungen zeigen, dass die tägliche Bewegungszeit von Kindern und Jugendlichen ständig abnimmt (Grilo et al., 1993 [8]; Guidelines for school and health programs to promote lifelong physical activity among young people, 1997 [9]; Physical Activity and Health Report, 1996 [15]) und gleichzeitig die Aufnahme von energiereichen Lebensmitteln und von Fast-Food-Produkten zunimmt (WHO Technical Report Series, 2000[22]). 

Berechnungen für Deutschland gehen davon aus, falls die Prävalenz der Adipositas bei Erwachsenen nicht ansteigt, dass im Jahre 2030 die Gesamtkosten der sog. frühmanifesten Adipositas unter Einschluss der Komorbidität um ca. 50% ansteigen werden (Schneider R., 1996 [17]). 
 
 

Beschreibung des ambulanten Therapieprogramms FITOC

In Freiburg werden seit 1987 im Rahmen des interdisziplinären Therapieprogramms FITOC (Freiburg Intervention Trial for Obese Children) (akute Behandlungsphase 8 Monate, Follow-up-Phase 4 Monate und länger) übergewichtige Kinder im Alter von 8-11 Jahren, die über der 97. BMI - Perzentile liegen, therapiert. Seit 1990 wurden so die Daten von 364 Kindern aus 21 Gruppen, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten mit der Behandlung begonnen hatten, erfasst. Die Kinder werden durch ein Netzwerk bestehend aus niedergelassenen Kinderärzten, Schulärztlichem Dienst, Kinderklinik, Kinder- und Jugendpsychiatrie und Beratungsstellen der Spezialambulanz der o.g. Abteilung überwiesen.

Das Programm beinhaltet neben einer regelmäßigen Sportstunde (3x pro Woche) eine umfangreiche Ernährungs- und Verhaltensschulung (7 Elternschulungen und 7 Kinderschulungsnachmittage). Innerhalb der Elternschulungen werden neben theoretischen und praktischen Informationen zur Ernährung die vielfältigen Hintergründe der Adipositas aufgearbeitet. Bei der Eingangsuntersuchung (EU) und den Kontrolluntersuchungen (KU) werden anthropometrische, biochemische und leistungsmedizinische Parameter erhoben. Weitere Informationen liefern Ernährungsprotokolle und Fragebögen. Aufgrund der Entwicklung des Kindes wird bei jeder Kontrolluntersuchung eine Neuorientierung für Kind und Eltern erarbeitet. Da sich die Kinder noch im Wachstum befinden, führt eine moderate Gewichtsreduktion oder Stabilität des Körpergewichts langfristig zum gewünschten Erfolg. Die Kinder lernen aufgrund der intensiven Ernährungs- und Verhaltensschulung, sich selbst zu kontrollieren (Selbstkontrolltechniken) und entsprechend ihrer persönlichen Situation, individuell Empfehlungen umzusetzen und diese langfristig zu etablieren. Der regelmäßige Sport führt dabei zu einer Steigerung des Selbstbewusstseins, wobei gleichzeitig der Energieverbrauch erhöht wird. 

Das Behandlungsteam besteht aus einem Arzt, Oecotrophologen, Sportlehrer und Psychologen. 1997 wurde das Programm zunächst an verschiedene Multiplikatorenteams im Freiburger Raum übergeben. Hierzu absolvierten die auswärtigen Betreuerteams eine Aus- und Weiterbildung in Form von Schulungen. Ein Manual, Formblätter und ein Foliensatz wurden als Arbeitsmaterial zur Verfügung gestellt, so dass die Qualitätssicherung über die Abteilung Rehabilitative und Präventive Sportmedizin gewährleistet ist. Mittlerweile arbeiten weitere Multiplikatorengruppen nach dem gleichen Prinzip in verschiedenen Regionen Deutschlands. Erste Kontrolluntersuchungen zeigen, dass das ambulante Therapieprogramm übertragbar ist und, nach entsprechender Ausbildung, auch andere Anwender vergleichbare Therapieerfahrungen und Ergebnisse aufweisen können Es sollen zunächst 20 Multiplikationsgruppen zentral über Freiburg evaluiert werden. Angestrebt wird eine bundesweite Verbreitung. (Korsten-Reck et al., 1997[11]; Korsten-Reck et al., 1998[12]; Traencker, 1997 [20]).

Im folgenden werden die Kurz- und Langzeitergebnisse des Freiburger Therapieprogramms sowie als Beispiel die Ergebnisse der Dürener Multiplikatorengruppe vorgestellt.
 
 

Methode

Als Erfolg wird entsprechend den Vorgaben von FITOC definiert: Gewichtsstabilität bei Längenwachstum oder Gewichtsreduktion. Misserfolg ist demnach definiert als eine relative Gewichtszunahme während des Programms in den untersuchten Zeiträumen. 

Die Gewichtsentwicklung wird dabei anhand des BMI-SDS zu den verschieden Untersuchungszeitpunkten beurteilt. Der BMI-SDS wird wie folgt berechnet:

SDS = [(BMI/M(t))L(t)-1]/L(t)S(t)

wobei BMI der individuelle BMI-Wert [Gewicht(kg)/Größe2(m2)] des Kindes ist; L(t), M(t), S(t) sind die L- (Box-Cox-Transfomation), M- (Median) und S-Werte (Variationskoeffizient) der Referenzgruppe für das jeweilige Alter (t) und Geschlecht. Als Referenzwerte wurden dabei, die in den Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kindes- und Jugendalter empfohlenen BMI-Perzentile deutscher Kinder (s. auch Kromeyer-Hauschild et al. [13] (2001); Cole[4](1990) herangezogen. 

Cholesterin wurde mit einem enzymatischen Farbtest (Cholesterin CHOD-PAP-Methode); LDL-Cholesterin sowie HDL-Cholesterin mit einem elektrophoretischen Verfahren (Helena REP Diagnostic, Greiner Bio Chemica) gemessen. Unter Anwendung einer standardisierten Fahrradergometrie (Lode, Groningen NL, drehzahlunabhängiger Fahrradergometer, EKG, Hellige Sechsfachschreiber, 3-min.Schema) wurde die körperliche Fitness gemessen. 
 
 

Statistik

Der T-Test für abhängige Stichproben wurde verwendet, um die Differenzen bei den untersuchten Parametern zwischen der Eingangs- und Kontrolluntersuchung nach Ende der intensiven Phase des Programms (KU) auf Signifikanz zu testen. 

Mittels Varianzanalyse für Wiederholungsuntersuchungen und nachfolgendem Bonferroni- Test wurden die Unterschiede zwischen mehr als zwei Untersuchungszeitpunkten auf Signifikanz getestet.

Der chi2-Test kam zur Anwendung, um die Unterschiede zwischen den Geschlechtern bezüglich der Häufigkeit von Erfolg bzw. Misserfolg bei der Gewichtsentwicklung auf Signifikanz zu prüfen.

Bei allen statistischen Tests wurde von einem Signifikanzniveau von 5% ausgegangen.
 
 

Multiplikatorengruppe Düren

Das ambulante und sportorientierte Programm wurde in Düren entsprechend den Schulungsinhalten nach FITOC durchgeführt (3mal wöchentlich Sport, praktische und theoretische Ernährungsberatung für Eltern und Kinder, psychologische Betreuung, individuell und in Gruppen).

Die Dürener Gruppe besteht aus 12 Jungen und 4 Mädchen (mittleres Alter=10,67 Jahre). Bei der medizinischen Eingangs- und Kontrolluntersuchung wurden folgende Parameter analog zu den Gruppen in Freiburg gemessen: Größe, Gewicht, Gesamtcholesterin, LDL- und HDL-Cholesterin, Watt/kg Körpergewicht. 
 
 

Ergebnisse und Diskussion

Im folgenden werden die allgemeinen charakteristischen Merkmale der Gruppen beschrieben.

An der FITOC Eingangsuntersuchung haben 21 Gruppen (ngesamt =364; m=176, w=188) teilgenommen. Eine Auswertung der Veränderungen zwischen Eingangs (EU)- und Kontrolluntersuchung (KU) nach dem intensiven Programm ist für 19 Gruppen möglich, da bis zu diesem Zeitpunkt der Auswertung nur diese Gruppen die Intensivphase abgeschlossen hatten (Stand Mai 2001: ngesamt=324; m=155, w=169).

In den 19 Gruppen haben insgesamt 295 Kinder (91,0%); (männlich n=143 (92,3%), weiblich n=152 (89,9%) das Programm regulär beendet. Das Alter bei der Eingangsuntersuchung betrug bei den Jungen 10,8 ± 1,5 Jahre und bei den Mädchen 10,4 ± 1,6 Jahre. Der Abstand zwischen Eingangs- und Kontrolluntersuchung liegt bei 9,0 ± 1,9 Monate. Ziel des Programms ist es nach 8 Monaten die erste Kontrolluntersuchung durchzuführen. Logistische Anforderungen können u.a. zu einer Verschiebung der Untersuchungstermine führen. 
 

Tab. 1 : BMI-SDS-Veränderungen zwischen der Eingangsuntersuchung und der Kontrolluntersuchung nach der intensiven Phase
   
Jungen
Mädchen
Gesamt
Abbruch
n
12
17
29
 
%
7,7
10,1
9,0
BMI-SDSKU*>BMI-SDSEU°
n
27
37
64
(Misserfolg)
%
17,4
21,9
19,8
BMI-SDSKU*<= BMI-SDSEU°
n
116
115
231
(Erfolg)
%
74,8
68,0
71,3
Gesamt
n
155
169
324
 
%
100
100
100
* - BMI-SDSKU; BMI-SDS zur Kontrolluntersuchung (9,0± 1,9 Monate)
° - BMI-SDSEU; BMI-SDS zur Eingangsuntersuchung

 

Von der Gruppe haben über 70% der Kinder einen Therapieerfolg (Tab 1). Es zeigen sich keine signifikante Geschlechtsunterschiede (chi2 – Test; p=0,401). Es sind keine Studien bekannt, die einen vergleichbaren Erfolg aufweisen.

In Tabelle 2 sind die Häufigkeiten von BMI-SDS Abnahmen bzw. Zunahmen von der Eingangsuntersuchung bis zur Kontrolluntersuchung nach 3,1 ± 0,7 Jahren (der zeitliche Abstand zum Ende der intensiven Phase des Programms betrug durchschnittlich 2,4 ± 0,7 Jahre) dargestellt. 

Eine Beurteilung von Langzeitergebnissen ist bei 14 Gruppen mit insgesamt 238 Kindern möglich, da die restlichen Gruppen erst später etabliert wurden und noch keine Wiederholungsuntersuchungen nach einem so langen Zeitraum aufweisen können. Für insgesamt 118 Kinder (ca. 50%) liegen Langzeitergebnisse vor. Es zeigt sich ein signifikanter Geschlechtsunterschied hinsichtlich der Häufigkeit von BMI-SDS Zu- bzw. Abnahmen zwischen der Follow up-Untersuchung nach 3,1 Jahren (FO) und der Eingangsuntersuchung (EU) (chi2-Test; p=0.001). Dabei sind die Jungen langfristig gesehen erfolgreicher als die Mädchen, d. h. die Mehrheit der gemessenen Jungen hat noch nach ca. 3 Jahren einen geringeren BMI-SDS als zu Programmbeginn. Diese Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen bei der Stabilisierung oder weiteren Verbesserung der Programmergebnisse könnte u. a. durch geschlechtsspezifische Einstellungen zu aktiver körperlicher Betätigung bedingt sein. Statistiken des Deutschen Sportbundes zeigen, dass Mädchen generell weniger Sport treiben und auch weniger in Vereine eingebunden sind (Deutscher Sportbund, 2001 [5]). Die Sozialisation von Mädchen und Jungen (doing gender) weist frühzeitig auf eine unterschiedliche Bedeutung des Sports hin (Horstkemper und Zimmermann, 1998[10]). Mädchen definieren sich weniger als Jungen über körperliche Aktivität. Es bleibt offen, ob das unzureichende Sportangebot für Mädchen Folge oder Ursache dieser Entwicklung ist. Bei der Beurteilung des Behandlungserfolges müssen auch endokrinologische Differenzen zwischen den Geschlechtern, die auch Auswirkungen auf die Veränderung der Körperfettmasse haben, diskutiert werden (Wilmore und Costill, 1994 [23])
 

Tab. 2 : BMI-SDS Veränderungen zwischen der Follow up Untersuchung
nach 3,1 Jahren (FO) und der Eingangsuntersuchung (EU)
Jungen
Mädchen
Gesamt
         
keine Messung
n
51
69
120
 
%
42,1
59,0
50,4
         
BMI-SDSFO*>BMI-SDSEU°
n
24
28
52
(Misserfolg)
%
19,8
23,9
21,8
         
BMI-SDSFO*<=BMI-SDSEU°
n
46
20
66
(Erfolg)
%
38,0
17,1
27,7
         
Gesamt
n
121
117
238
 
%
100
100
100
* - BMI-SDSFO; BMI-SDS zur Follow up Untersuchung (3,1± 0,7 Jahren)
° - BMI-SDSEU; BMI-SDS zur Eingangsuntersuchung

 

Zu den Zielen des Interventionsprogramms gehören neben dem Gewichtsmanagement eine Verbesserung des kardiovaskulären Risikoprofils, eine Verbesserung der körperlichen Fitness und damit verbunden eine Steigerung der Lebensqualität. Tabelle 3 zeigt die Daten von BMI-SDS, Gesamtcholesterin, LDL- und HDL-Cholesterin, sowie Watt/kg Körpergewicht zur Eingangs- (EU) und Kontrolluntersuchung (KU). Hochsignifikante Veränderungen zeigen sich bei beiden Geschlechtern beim BMI-SDS und bei der Fitness (p<0,001). Die Jungen weisen sowohl im Gesamtcholesterin (p<0,01) als auch im LDL-Cholesterin signifikante Veränderungen auf (p<0,001), die Mädchen zeigen beim LDL-Cholesterin eine tendenzielle Reduktion. Das HDL ist bei Mädchen tendenziell erhöht. 

Die Langzeitergebnisse (Tab. 4) zeigen keine Verschlechterung der erreichten Resultate im Vergleich zu den Ergebnissen nach der Intensivphase. Bei den Mädchen steigt der BMI-SDS zwar wieder an, erreicht aber nicht den Ausgangswert vor Beginn des Programms. Damit ist auch bei den Mädchen eine Stabilisierung des Programmerfolgs im Sinne der Definition erreicht worden. Die ungleiche Veränderung des HDL-Cholesterins bei den Geschlechtern ist auch bei den Langzeitergebnissen feststellbar. Die Fitness der Kinder hat sich über den Zeitraum von ca. 2,5 Jahren nach Ende des intensiven Programms auf dem erreichten Niveau gehalten bzw. hat sich bei Jungen sogar noch verbessert.

Die Ziele des Therapieprogramms konnten bei beiden Geschlechtern überzeugend erreicht werden. Die Ergebnisse zeigen, dass durch ein kindgerechtes Sportprogramm mit den Inhalten spielerische Ausdauer, gymnastische Elemente, Spaß an der Bewegung, die Fitness auch bei adipösen Kindern messbar gesteigert werden kann. Auf die zusätzlich angestrebten Ziele wie Entwicklung von Selbstbewusstsein und von Eigeninitiative, welche in die anderen Säulen der Therapie und in den Alltag der Kinder transferiert werden sollen, wird in der vorliegenden Untersuchung nicht näher eingegangen. Die Ergebnisse hinsichtlich dieser Veränderungen darzustellen wird Aufgabe weiterer Auswertungen sein.

Die unterschiedlichen Veränderungen der Lipoproteine sind u. a. auf Geschlechtsunterschiede, die Ernährung (Writing Group for the DISC Collaborative Research Group, 1993[24]) und die verschiedenen Auswirkungen der körperlichen Aktivität (Berg et al., 1995 [2]) zurückzuführen. In wieweit diese Faktoren die physiologische Ansprechrate auf die Therapie bei männlichen und weiblichen Geschlecht beeinflussen, ist bisher ungeklärt. Den Östrogenen wird eine entscheidende Rolle in der Lipoproteinkonzentration zugesprochen (Schwandt, 2001[18]).

In der vorliegenden Untersuchung wurde nicht zwischen Kindern mit normolipidämischen und dyslipidämischen Serumspiegeln unterschieden, so dass hier kein differenzierten Aussagen zu Subgruppen möglich sind.. Es ist zu vermuten, dass dyslipidämische Kinder intensiver als die inhomogene Gesamtstichprobe von der Intervention profitieren (Berg et al., 1998 [3]). Dies wird Gegenstand weiterer Publikationen sein

Die in der Intensivphase des Programms aufgebaute Fitness und der Gewichtserfolg wurde über den langen Zeitraum von ca. 2,5 Jahren gehalten. Dies zeigt, dass es durch eine regelmäßige Betreuung der Kinder in einem interdisziplinären Programm durchaus möglich ist, der chronischen Erkrankung Adipositas schon im Kindesalter entgegenzuwirken. 
 
 

Im folgenden werden die Ergebnisse der Dürener Multiplikatorengruppe beschrieben.

Insgesamt ist die Therapie bei der Dürener Gruppe erfolgreich (Tab. 5 ). Es zeigt sich eine signifikante Abnahme im BMI-SDS (p=0,004) von der Eingangsuntersuchung (2,4) zur Kontrolluntersuchung (2,2). 

Weitere Verbesserungen sind im Bereich Fitness (p<0,001) zu erkennen. Der Zeitraum zwischen Eingangs- und Kontrolluntersuchung beträgt durchschnittlich 7,82 Monate. 

Obwohl die Stichprobe nur eine Gruppe umfasst und eine geschlechtsspezifische Differenzierung aus statistischen Gründen nicht möglich ist, stimmen die Ergebnisse mit den Basisdaten der Freiburger Gruppen überein. Dies wird erreicht durch eine intensive Schulung, durch die Verwendung standardisierter Unterlagen und die regelmäßig stattfindenden Qualitätsmeetings.
 

Tab. 5 : Veränderungen des BMI-SDS, von LDL-Cholesterin (LDL),
HDL-Cholesterin (HDL) und Watt pro kg Körpergewicht (Watt/kg) zwischen Eingangsuntersuchung und Ende der Intensivphase (MW 7,82 Monate);
Gruppe Düren
  N Mittelwert

EU

SD

EU

Mittelwert

KU

SD

KU

p – Wert
BMI-SDS 16 2,4 0,4 2,2 0,5 0,004
LDL (mg/dl) 16 117,8 25,4 110,5 28,0 0,07
HDL (mg/dl) 16 48,0 16,2 49,9 15,9 0,5
Watt/ kg 16 1,5 0,4 2,3 0,6 < 0,001

 

Zusammenfassung

Es soll gezeigt werden, dass es möglich ist, Kinder mit der chronischen Erkrankung Adipositas in einem langfristig angelegten interdisziplinären Interventionsprogramm erfolgreich zu behandeln. Auch stellt sich die Frage nach der Übertragbarkeit von FITOC in andere Regionen Deutschlands.

In das Programm werden Kinder im Alter von 8-11 Jahren oberhalb der 97.BMI-Perzentile aufgenommen. Zur Überprüfung der gesteckten Ziele mit Gewichtsmanagement, Steigerung der körperlichen Aktivität und Verbesserung des Risikoprofils wurden Größe und Gewicht gemessen (BMI) sowie eine Nüchternblutabnahme, eine standardisierte Ergometrie und eine medizinische Untersuchung vor, nach Intervention und bei allen weiteren Kontrolluntersuchungen durchgeführt. 

Die gemessenen medizinischen Daten zeigen, dass die Intervention zu einer signifikanten Verbesserung in allen überprüften Bereichen führt. Dies bezieht sich nicht nur auf den Interventionszeitraum von 8 Monaten, sondern kann auch noch nach ca. 2,5 Jahren als Langzeiterfolg nachgewiesen werden. Die weiteren Bestandteile der Intervention wie Ernährung und Psychologie werden in dieser Untersuchung nicht dargestellt. Die Ergebnisse der psychologischen Arbeit in FITOC wird zukünftig durch standardisierte Instrumente evaluiert.

Bei der Dürener Multiplikatorengruppe lässt sich ebenfalls ein Therapieerfolg der Gruppe gemäß der Definition des FITOC-Programms nachweisen. Damit zeigt sich, dass FITOC mit einer intensiven Schulung der Teams auf alle Regionen Deutschlands mit entsprechenden strukturellen Voraussetzungen übertragbar ist. 

FITOC ist in der Lage, adipöse Kinder langfristig erfolgreich zu behandeln. In Anbetracht der zunehmenden Prävalanz der kindlichen Adipositas und der begrenzten finanziellen Ressourcen im Gesundheitswesen ist das ambulante interdisziplinäre Programm eine effektive Behandlungsmethode. 

Summary

In this study first we try to answer the question, wether it is possible to make a successful treatment for obese children in an interdisciplinary program. Second it is asked, wether a transfer of this program to further regions in Germany leads to comparable results.

In FITOC children from the age of 8 – 11 years and over the 97. BMI-percentile are integrated in this program. The goals weight management, increased physical fitness and improvement of the cardiac risk profile are checked by weight, height, fasting blood serum, a standardised cycle ergometry and a medical measurement at the beginning, after treatment and at all check-ups. The recorded medical datas show clearly that the intervention leads to a significant improvement in almost all checked parts. The successful treatment can be recorded after 8 months, likewise after 2.5 years as a longterm result. The further cornerstones of FITOC nutrition and psychology are not subject in this publication. In future the psychological part in FITOC will be evaluated by standardised inventories.

The group from Düren has a success in therapy according to the definition of the program. Thereby it is shown that FITOC is extendible, if teams are trained intensively and the conditions are comparable. 

FITOC is able to treat obese children successfully over a long period of time. In consideration of the rising prevalence of obesity in childhood and the limited financial resources in health care this outpatient interdisciplinary program is an effective choice of treatment.

Literatur

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  8. Grilo C. M., Brownell K. D., Stunkard A. J.: The metabolic and psychological importance of exercise in weight control. In: Stunkard A. J., Wadden T. A. (Hrsg.), Obesity: theory and therapy. Raven, New York 1993: 253 – 273.
  9. Guidelines for school and community health programs to promote lifelong physical activity among young people. MMWR. 46: RR – 6, 1997.
  10. Horstkemper M., Zimmermann P. (Hrsg): Zwischen Dramatisierung und Individualisierung. Geschlechtsspezifische Sozialisation im frühen Kindesalter. Leske und Budrich, Opladen, 1998, 125 - 142.
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  15. Physical Activity and Health: A Report by the Surgeon General. Atlanta, Ga: Centers for Disease Control and Prevention, 1996.
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  17. Schneider R.: Relevanz und Kosten der Adipositas in Deutschland. Ernährungsumschau 43:369-374, 1996.
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  20. Traenckner K., Berg A., Jüngst E., Hallhuber M. J., Rost R.: Prävention und Rehabilitation im Kindes- und Jugendalter. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart, 1997.
  21. Whitaker R. C., Wright J. A., Pepe M. S., Seidel K. D., Dietz W. H.: Predicting obesity in young adulthood from childhood and parental obesity. New Engl. J. Med. 337: 869 – 873, 1997.
  22. WHO Technical Report Series: Obesity: Preventing and managing a global epidemic. WHO, Genf, 2000. 
  23. Wilmore, J. H., D. L. Costill: Phsysiology of sport and exercise. Human kinetics, Champaign /III. 1994
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Tab. 3: Untersuchungsparameter zur Eingangsuntersuchung (EU) und nach der intensiven Phase (9 ±1,9 Monate)
  Jungen   Mädchen  
  EU   KU1
**
  EU   KU1
**
     
 
MW
SD
 
MW
SD
 
p-Wert*
 
MW
SD
 
MW
SD
 
p-Wert*
 
 
BMI-SDS 143 2,00 0,59   1,77 0,64   <0,001   152 2,00 0,59   1,84 0,60   <0,001  
 
CH(mg/dl) 139 183,9 35,4   179,0 31,4   0,01   144 177,5 35,3   179,7 30,6   0,187  
 
LDL(mg/dl) 134 111,7 31,3   104,4 25,8   <0,001   141 107,3 29,9   104,8 26,2   0,076  
 
HDL(mg/dl) 135 48,1 11,0   49,5 13,5   0,181   141 45,7 10,9   47,3 10,8   0,027  
 
WATT/KG 139 2,0 0,4   2,3 0,5   <0,001   149 1,9 0,4   2,0 0,4   <0,001  
MW = Mittelwert; SD = Standardabweichung; CH = Cholesterin; LDL = Low Density Lipoprotein; HDL = High Density Lipoprotein; WATT/KG = Watt pro kg Körpergewicht
* Unterschiede zwischen den Untersuchungen; T-Test für abhängige Stichproben 
** Untersuchung nach der intensiven Phase

 
 
Tab.4: Untersuchungsparameter zur Eingangsuntersuchung, nach der intensiven Phase (8,7± 1,5 Monate) und bei der Follow up-Untersuchung (3,1± 0,7 Jahre)
  Jungen   Mädchen
 
    Eingangs-
untersuchung
  KU1   FO2           Eingangs-
untersuchung
  KU1   FO2    
 
  N
MW
SD
 
MW
SD
 
MW
SD
  p *  
MW
SD
 
MW
SD
 
MW
SD
 
p*
 
BMI-SDS
69
1.91
0.58
 
1.56
0.67
 
1.64
0.69
 
<0.001
   
47
1.69
0.67
 
1.48
0.60
 
1.59
0.66
 
0.003
a
 
CH_S (mg/dl)
67
188.4
36.2
 
182.4
31.6
 
176.2
33.0
 
0.005
c
 
46
175.8
35.0
 
180.1
29.1
 
174.1
34.3
 
0.154
-
 
LDL_S (mg/dl)
63
120.0
31.4
 
109.8
28.4
 
100.3
29.7
 
<0.001
abc
 
44
108.1
31.3
 
105.3
26.6
 
95.1
29.1
 
0.001
bc
 
HDL_S (mg/dl)
64
46.6
9.1
 
48.3
11.7
 
45.1
12.2
 
0.155
-
 
45
44.7
10.7
 
48.0
10.7
 
50.5
10.9
 
<0.001
ac
 
WATTKG
67
2.1
0.4
 
2.4
0.5
 
2.5
0.7
 
<0.001
abc
 
46
2.0
0.4
 
2.2
0.4
 
2.2
0.4
 
<0.001
ac
1 Kontrolluntersuchung (nach 8,7± 1,5 Monaten) / Differenz beim Untersuchungsabstand EU-KU zu Tab. 3 durch unterschiedliche Probandenzahl bedingt

2 Follow-up Untersuchung (nach 3,1± 0,7 Jahren)

* Unterschiede zwischen den Untersuchungen; Varianzanalyse für Wiederholungsuntersuchungen mit nachfolgendem Bonferroni Test (p<0,005): signifikante Differenzen zwischen den Untersuchungen a=EU-KU; b=KU-FO; c=EU-FO

Kurpräsentation FITOC und Adipositas Akademie Freiburg